Datum
- 11. Mai 2024
- Bereits abgelaufen
Lohengrin
Kein zweites Werk Wagners hat sowohl glühende Hingabe als auch kritischen Spott in diesem Maße erfahren müssen wie „Lohengrin“. Klar ist, dass angesichts der Widersprüche dieses Werks das Theater vor die Herausforderung gestellt ist, eine ebenso beharrliche wie sensibel-immanente Dekonstruktion seiner Rollenbilder und Konfliktstrukturen zu entfalten. Die Kunst von Wieler, Morabito und Viebrock misst sich an Gestaltungsstrategien wie dem „Amplifizieren, Realisieren und Genaumachen des mythisch Entfernten“, im Sinne von Thomas Mann, um der epochemachenden, aber zugleich zutiefst fragwürdigen Kunst Richard Wagners gerecht zu werden. Die Hexe Ortrud, personifiziert als Verkörperung der heidnischen Kultur des Zweifels, wird als einzige Kraft betrachtet, die diesem Werk angemessen ist. Das Regieteam hat sich in das Märchen- und Mythengeflecht begeben, auf dem Wagners eklektizistischer „Lohengrin“-Mythos aufbaut. Dabei stießen sie auf ein Märchen, das so beginnt: „Es war einmal ein König, der starb und hinterließ zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Die Tochter war jedoch ein Jahr älter als der Sohn. Eines Tages stritten die beiden königlichen Geschwister darüber, wer von ihnen beiden König werden sollte, denn der Bruder sagte: ‚Ich bin ein Prinz, und wenn Prinzen da sind, übernehmen Prinzessinnen nicht die Regierung.‘ Die Tochter aber widersprach: ‚Ich bin die erstgeborene und älteste, mir gebührt der Vorrang.'“